Psychologische Beratung mit dem DI-ARS Modell

Leben wir Menschen in einer chaotischen Welt? Ist es planbar, was wir in einem Jahr machen? Können wir uns darauf vorbereiten? Oder ist überhaupt nichts vorhersehbar, so wie das der US-amerikanische Meteorologe Edward Lorenz im Jahr 1961 vermutete, weil die kleinsten Geschehnisse zu gewaltigen Konsequenzen führen können… Sie kennen sicher seinen berühmten Schmetterlingseffekt, der keinesfalls wörtlich zu nehmen ist, sondern als bildliche Veranschaulichung: der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien ist in der Lage, einen Wirbelsturm in Texas auszulösen… Lorenz wählte diese Schmetterlings-Metapher, um zu verdeutlichen, dass in der Welt praktisch nichts wirklich plan- und vorhersehbar ist, weil es einfach zu viele Einflussfaktoren gibt, die wir gar nicht alle überblicken und miteinbeziehen können!

Schmetterling

Wenn Sie einen Berater anrufen, haben Sie ein Anliegen. Beratungsanliegen können sehr konkret sein, aber auch sehr allgemein und unspezifisch, aber eines ist ihnen gemeinsam: Es geht immer darum, mit einer Situation anders als bisher umzugehen, so dass sie bestimmbarer und planbarer wird, und es gibt sehr viele bekannte ebenso wie unbekannte Einflussfaktoren.

Sie möchten also ein bestimmtes Ziel erreichen oder eine Lebenssituation verändern: ohne Ängste vor einer Gruppe sprechen, sicherer werden im Umgang mit anderen Menschen, Selbsthypnose lernen, sich Klarheit über einen Jobwechsel verschaffen, etc. Oft ist es so, dass man über dieses Anliegen (ein Ziel, ein Problem, eine angestrebte Veränderung im beruflichen oder privaten Bereich, etc.) auch schon mit Freunden oder Familienmitgliedern gesprochen hat, aber nicht weitergekommen ist. Der psychologische Berater erfüllt eine Funktion, die sich teilweise mit der Funktion eines Bekannten oder Familienmitglieds überschneidet, aber eben nur teilweise. Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft zum Zuhören – darüber sollte der Bekannte ebenso verfügen wie der Berater. Darüberhinaus benötigt der professionelle Berater aber noch Zusätzliches, nämlich: spezifische Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit Ihrem Anliegen, die Anwendung professioneller Methoden zur raschen Lösungsfindung und, nicht minder wichtig, die Einhaltung einer „professionellen“ Distanz. Das heisst: Absolute Vertraulichkeit, das Nicht-Eingebundensein in das Leben der Klienten ausserhalb der Beratungsräume und das Beachten einer Distanzhaltung sich selbst gegenüber – sich selbst in der Rolle als Berater und damit zum Wohl der Klienten (selbstkritische Distanz).

Ich arbeite nach dem DI-ARS Beratungsmodell, das die Einhaltung der eben aufgezählten Faktoren sicherstellt. Das „DI“ (DIALOG) steht für die notwendige dialogische Grundhaltung des Beraters, denn ohne diese ist eine verantwortungsvolle, authentische und möglichst nicht-wertende Klient-Beraterbeziehung kaum möglich. Damit externe Beratung seitens des Klienten überhaupt angenommen werden kann, ist der gemeinsame Dialog notwendig – dieser bildet die Basis. Das „A“ steht für ANALYSIEREN, denn am Beginn eines Beratungsprozesses steht die Notwendigkeit, etwas über das Problem zu erfahren und eine Art von Analyse durchzuführen. Das dauert oft nur sehr kurz – manchmal wenige Minuten, manchmal etwas länger, abhängig vom Problem, dessen Komplexität und den Bedürfnissen des Klienten. Das „R“ steht für REORGANISEREN, das heisst: vorhandene Kompetenzen umorganisieren oder sich neue Kompetenzen organiseren, um mit der Situation besser umgehen zu können. Das „S“ steht für STÄRKEN. Damit ist gemeint: Diese umorganisierten oder neu gewonnenen Kompetenzen müssen eingeübt, gestärkt und so auch im Leben angewandt weden.

Damit wir in dieser unvorhersehbaren, chaotischen Welt überhaupt zurechtkommen, bietet das DI-ARS Beratungsmodell sowohl dem Berater als auch dem Klienten Möglichkeiten an, alles auf ein überschaubares Maß zu reduzieren, um Handlungsalternativen zu erkennen und auf ihre Angemessenheit zu prüfen. Das Modell arbeitet mit vier Feldern, bleibt also überschaubar, und stellt immer die so wichtige Gefühlsanbindung her – ohne die Berücksichtigung der Gefühle geht gar nichts!

Warum zittert man, wenn man mit einem (bestimmten) Kunden telefonieren soll?

Warum fällt es einem so schwer, ein ernstes Gespräch mit der Ehepartnerin oder dem Ehepartner zu einem heiklen Thema zu führen?

Aus welchem Grund greift man immer wieder zum Punschkrapfen, obwohl man abnehmen möchte?

Wie ist es möglich, ständig daran zu zweifeln, etwas nicht zu schaffen, obwohl man weiss, über genügend Kompetenzen zu verfügen – zumindest nicht über weniger als die allermeisten anderen?

Hinter all diesen Anliegen stecken AUCH Gefühle, und selbst wenn einem dies klar ist, heißt das noch lange nicht, dass man die notwendigen Schritte in Richtung auf das Ziel hin gehen kann. Gefühle und der (neue) Umgang mit diesen spielen im DI-ARS Modell eine wichtige Rolle. Jeder mit irgendwelchen Problemen, die er oder sie angehen möchte, hat diese schon bedacht und analysiert, oft liegen sie klar und deutlich vor einem… Analysieren und bewältigen: das sind oftmals zwei völlig verschiedene Paar Schuhe! Die Aufgabe des Beraters ist es, Sie dabei zu unterstützen, neue, bisher unbekannte, oder nicht bedachte, oder bisher angstbesetzte Alternativen zu erkennen, eventuell neu zu bewerten und in einem geschützten Umfeld auszuprobieren (entweder nur gedanklich, oder tatsächlich als konkretes Verhalten).

Im DI-ARS Beratungsmodell wird auf all das Rücksicht genommen, und es hilft beim Einhalten einer professionellen Distanz, indem es auch den Berater zwingt, sich seiner eigenen Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen im Beratungsprozess stets bewusst zu sein. Denn der Beratungsprozess ist keine Einbahn: Was der Klient macht, wirkt auf den Berater, und ebenso hat das, was der Berater sagt oder tut Auswirkungen auf den Klienten. Wäre dem nicht so, würden die beiden unabhängig voneinenander agieren, und es gäbe keinen Beratungsprozess!

DI-ARS ist ein empirisches Beratungsmodell, das von mir, basierend auf und adaptiert nach der PSI-Theorie von Julius Kuhl, entwickelt wurde. Es erklärt die menschliche Persönlichkeit anhand von vier Primären Feldern und der vermittelnden Instanz „Emotionale Regulation“. Zentrale Begriffe des DI-ARS-Modells sind das Unbewusste und die Emotionen. Für die beraterische Arbeit mit dem Modell ist es wesentlich, dass sich der Psychologe Hypothesen über den Klienten und dessen Verhalten zurechtlegt, die jederzeit durch „bessere“ Annahmen ersetzt werden können. Warum ist das so zentral? Weil weder der Berater noch der Klient jemals sicher wissen können, was nun „richtig“, „besser“ oder „wahr“ ist. Denken wir an den eingangs zitierten Schmetterling: Es gibt so viele, so unendlich viele Einflussfaktoren mit so vielen Kombinationen (abhängig von den Beteiligten und den besonderen Umständen), dass wir immer nur ganz wenige aus diesen vielen Möglichkeiten beachten und niemals sicher wissen können, zu welchen Konsequenzen sie führen.

Das DI-ARS Modell mit seinen vier Primären Feldern und der Emotionalen Regulation als zentraler Exekutive

Ein Beispiel: Ein Klient kämpft schon seit Jahren mit dem Problem, das Rauchen nicht lassen zu können, und hat typischerweise viele Möglichkeiten versucht, aber keine war dauerhaft wirskam. Basierend auf der psychologischen Beratung, der Hypnose oder einer sonstigen Methodik, geht der Klient nun einen anderen, oder sogar völlig neuen Weg, einen, an den er bisher nicht gedacht hat. Das Modell sagt: Wir wissen nicht, ob die Annahmen darüber, warum du rauchst, stimmen, oder ob wir alle Gründe, die für dein Verhalten wichtig sind, kennen. Und ob wir erkennen können, wie sie zusammenwirken. Aber: Wenn dieser Lösungsweg, den wir gemeinsam erarbeiten, für dich brauchbar, für dich passend ist (unabhängig davon, ob es vielleicht einen gibt, der sogar noch brauchbarer ist), dann ist er der für dich im Moment Beste, und deshalb sollst du ihn gehen. Weder der Berater noch der Klient kennen die letztgültige „Beratungswahrheit“, aber jeder Schritt in eine neue Richtung ist ein guter Schritt insofern, als er Lernmöglichkeiten bietet. Und wenn etwas nicht funktioniert, gibt es eine andere Lösungsmöglichkeit, die wir ausprobieren können. Wir leben nicht im Märchenland, und jemandem, der Wunder- oder Allheilmittel verspricht, sollten wir niemals glauben.

Mit Hilfe des DI-ARS-Modells ist ein strukturierter, aber dennoch situationsangepasster und flexibler Beratungsablauf möglich. Dieser besteht im wesentlichen darin, basierend auf einer dialogischen Grundhaltung, die Situation sowie die für das Problem relevanten Anteile der Persönlichkeitsstruktur des Klienten hypothetisch zu analyiseren, die psychischen Funktionalitäten unter Einbeziehung der Emotionen zu reorganisieren, und letztlich Stärken auf der rational-analytischen sowie emotionalen Ebene aufzubauen und zu festigen. Wenn Sie sich für das Modell näher interessieren, sei das Buch „Der Dialog in Beratung und Coaching“ empfohlen.